Krieg ist ausgebrochen zwischen Aztlan und Amazonien. Die Strassen von Bogotá sind verlassen, Söldner werden im selben Maße angeheuert wie sie getötet werden, und in dunklen Räumen wird Blut vergossen, um Magier für das Schlachtfeld zu stärken. Was am wichtigsten ist: es gibt Arbeit für Runner!
War! bringt Shadowrun Spieler in die Welt des offenen Krieges. Sabotagemissionen hinter feindliche Linien, Aufklärungsoperationen und die Taktik kleiner Kampfeinheiten: all die nötigen Background-Infos, Ausrüstungen und Regeln bietet Euch War!.
Das Buch ist ab sofort als englischsprachiges PDF bei Battleshop oder Drivethru erhältlich.
Oh mein Gott.
Ok. Wenn man War, das neueste Buch für shadowrun, liest, ist es einfach, sich einfach in Rage zu schreiben über die vielen, vielen Konfliktpunkte mit Shadowruns 21 Jahre alter, etablierter und beliebter Storyline. Gerade die vierte Edition ist sehr gut aufgenommen worden, und generell hat sie diese bis jetzt auch gut weitergeführt. Jetzt, wo diese Edition ‚erwachsen‘ ist, also alle Kernregelwerke herausgebracht sind, sollte man meinen, dass das Produzieren neuer Bücher auf der Basis von Story und kompletten Regeln quasi ein Selbstläufer wäre. Und das aktuelle Berlinbuch machte ja Hoffnung auf mehr von dieser hohen Qualität.
Mitnichten.
Catalyst Game Labs, die amerikanischen Herausgeber von Shadowrun, haben erhebliche finanzielle Probleme, haben sich mit ihrem Lizenzgeber angelegt und es gab einige hässliche Prozesse; außerdem den größten Teil ihrer eingearbeiteten Schriftsteller über kreative Streitigkeiten mit dem neuen Chefredakteur verloren. Dieses Buch ist komplett von Neulingen geschrieben, Neulingen geschrieben, die öffentlich zugegeben haben, weder vom Hintergrund Shadowruns, noch von den Regeln viel Ahnung zu haben. Also ist es Zeitverschwendung, sich darüber aufzuregen, dass da vieles auf keinen Fall zusammen passt (wie beispielsweise die fröhliche Zombiejagd und Nekromantenartefaktsuche unter dem zusammengebrochenen magischen Schutzschild von Auschwitz). Es sind neue Leute, ein nicht eingearbeiteter Chefredakteur, und die Lizenz der Firma ist nur auf einer Sechs-Monat-Basis vergeben worden, also müssen sie schnell und viel produzieren.
Leider ist sogar bei so einer freundlichen Betrachtungsweise wenig Gutes über das Buch zu sagen. Lektoren scheint sich CGL keine mehr zu leisten, und selbst Rechtschreibprüfungsfunktionen sind offenbar ungenutzt geblieben, es gibt auf jeder Seite mindestens einen groben Rechtschreib- oder Grammatikfehler. Die Erzählebenen werden konsequent gebrochen; mal spricht das Buch als Forumspost der internen Spielwelt zum Leser, um dann die Ebene zu brechen und als allwissende Spielinformation daherzukommen. Charakterisierung der verschiedenen Charaktere, die die in-Welt-Artikel schreiben ist äußerst schizophren, teils sprechen Charaktere wie komplett unterschiedliche Persönlichkeiten innerhalb einer Seite. Eine spezielle Erwähnung verdient die grauenvolle Verwendung von Fremdsprache; auch wenn es auf Englisch herausgegeben wird, verfügt Catalyst ja eigentlich über einen Pool an Schreibern, die sowohl des Spanischen als auch des Deutschen mächtig sind. Heraus gekommen sind ein U-Boot namens Wasserträger, ein Raketenboot namens Jagdpferd und der Flugzeugträger Glucke; ich spreche selbst kein Spanisch, aber das muss es ähnlich sein, nach dem was Spanisch Sprechende mir versichert haben. Alles in allem eine sehr, sehr dürftige Präsentation des Materials, eine die selbst Neulingen unter den SR-Schriftstellern, ja selbst Erstellern einer Fan-Website schlecht zu Gesicht stünde.
Dieses neue Quellenbuch, „War!“, behandelt eigentlich den Krieg zwischen zwei großen Nationen der Spielwelt, dem hoch industrialisterten Aztlan und dem ökologisch-fundamentalistischen Amazonien. Diese sehr wichtige Information muss der Leser aber schon irgendwo her haben, denn das Buch teilt sie ihm zu anfang erst einmal nicht mit. Stattdessen beginnt es, indem es uns die Bevölkerungsstruktur Bogotás erklärt. Sehr viel später wird tatsächlich erwähnt, dass diese Stadt sich auf der Front dieses Krieges, um den es in dem Buch ja gehen soll, befindet. Aber dafür muss man eine ganze Weile lesen. Kein sehr guter Grund, sich die eher trockene Beschreibung dieser Stadt durchzulesen.
115 Seiten des Buchs werden für die Beschreibung Bogotás und des Aztlan-Amazonien-Krieges aufgewandt, und dennoch hinterlässt es den Leser ohne jede Information darüber, was der Auslöser dieses Kriegs ist, wo er geführt wird, von wem er geführt wird, womit er geführt wird, worum gekämpft wird oder was die Ziele der Kriegsparteien sind. Es gibt keine einzige Karte in diesem Buch, keine Kampfberichte, keine Beschreibung von Einheiten oder Truppenbewegungen, nichts von alledem was jeder der einmal eine Dokumentation von Guido Knopp geschaut hat erwarten würde. Ehrlich gesagt ist es sogar schwer zu beschreiben worum es in den einzelnen Kapiteln geht, da alle auch Platz aufwenden, Straßengangs oder NSC zu beschreiben (manche der NSC sind allenfalls sehr peripher in diesen Krieg eingebunden), um Spielwerte von Bäumen zu geben (ja, Bäumen), oder um sonstwohin abzuschweifen. Im Kapitel „Culture of Bogotá“ gibt es eine Diskussion darüber, wie man im tiefen Dschungel, fernab aller Zivilisation, Krieg führt, gefolgt von einer Beschreibung der konzerngesponsorten Festivals in der Stadt.
Die nächsten 80 Seiten beginnt das Buch dauernd zwischen Erzählebenen zu springen, hinein in die Charakterebene und wieder hinaus in die Ebene des allwissenden Erklärwerkes (selbst im Kapitel „Game Information“). Es folgen sehr kurze Beschreibungen anderer „Warzone Hotspots“, um dann neue Regeln und neue Ausrüstung einzuführen. Diese Kapitel sind nicht einfacher zu lesen als Bogotá, denn sie sind schlecht sortiert; so werden die Psychologieregeln von 7 Seiten Sprengmitteln und Fahrzeugpanzerung unterbrochen. Die ‚Hotspots‘ hinterlassen einen schalen Beigeschmack dank einiger eher missratener Witze über Auschwitz und der Auswahl und sehr uninspirierten Aufarbeitung der Zonen. Zwei der fünf Kriegsgebiete liegen nur wenige Kilometer voneinander entfernt, ein Hinweis dass den Verfassern die räumliche Nähe zwischen Tschechien und Polen ganz offenbar unbekannt war. Weltkarten lesen ist halt schwierig.
Was die Regeln angeht, sieht es ziemlich danach aus, als hätte man die meisten Werte über Zufallszahlen ermittelt. Selbst wenn man Subtilitäten wie die Tatsache dass die amazonische Magietradition regeltechnisch nicht legal ist (und man sie nicht in den Game Informations findet, auch wenn es sich definitiv um Regelmaterial handelt), die Zahlen im Buch machen auch untereinander verglichen wenig Sinn, ebenso wenig sind die Regeln konsequent. Erst wird gesagt, einer Atomwaffe Werte zu geben sei sinnlos, um es dann im nächsten Absatz zu tun. Und eine konventionelle Cruise Missile macht dann mehr Schaden als die Atomwaffe. Und als sei das nicht genug, erlauben die gegebenen Regeln für verbundene Granaten es einem Säckchen voller Minigranaten, mehr Schaden als diese Cruise Missile zu machen. Diese Regeln sind definitiv weder kohärent noch plausibel noch eine belastbare Basis für eine fünfte Edition. Bedauerlicherweise scheint CGL sie genau dafür benutzen zu wollen.
Wenn man den im Buch gegebenen Spielhintergrund betrachtet, ist es offensichtlich, dass hier keinerlei Recherche betrieben wurde. Zwar behandelt das Buch mehrheitlich die Stadt Bogotá, aber weder wird irgendwo erwähnt dass die Stadt auf derselben Höhe wie die Zugspitze liegt (mit entsprechender Höhenluft), noch bekommt man irgendein Gefühl für die Stadt. Anscheinend gehen die Bewohner Bogotás ihrem normalen Leben nach, auch wenn über ihnen Cruise Missiles und feuerspeiende Drachen hinweg donnern. Alles ist sehr vage beschrieben – man bekommt schnell den Eindruck, hier wird bewusst auf Nennung irgendwelcher Details verzichtet, in der Hoffnung so kaschieren zu können dass man sich jede Recherche gespart hat. Was hier besonders frappierend ist, ist der komplette Mangel an Landkarten in einem Buch das immerhin vorgibt einen Krieg zu beschreiben.
Was dieses Buch sein will ist scher zu sagen, denn es scheint es selbst nicht zu wissen. Es gibt kein Grundthema, keinen roten Faden. Teils gibt es Essays über dasselbe Thema von verschiedenen Autoren, aber niemand macht sich die Mühe, die beiden zu kontrastieren oder gegenüber zu stellen. Ich weiß auch nach mehrmaligem Lesen dieses Buchs nicht wirklich, worum es in diesem Krieg den es zu beschreiben vorgibt geht. Es gibt Andeutungen dass die öko-fundamentalistischen, technikfeindlichen Amazonier wütend auf die umweltverschmutzenden, geldgierigen Aztlaner sind, weil sie Bäume pflanzen. Das ist hier offenbar der Plot. Das ist mehr als nur fragwürdig.
Auch wenn manche der essays halbwegs kohärent und kompetent geschrieben sind, und mehr oder minder das Thema Krieg oder sogar den Krieg zwischen Amazonien und Aztlan behandeln, auch wenn sie in einem anderen Buch, das aus weniger schlecht geschriebenen Kapiteln besteht, wohl tragbar wären, alles in allem ist dieses Buch eine Beleidigung. Hier wird Geld für etwas verlangt was vielleicht – vielleicht – ein erster Entwurf sehr früh im Schreibprozess sein könnte. Vermutlich selbst das nicht, zumindest meint eine Freundin, die in der Verlagsbranche arbeitet, ein Manuskript mit mehr als drei erheblichen Schreibfehlern würde automatisch im Müll landen, weil das ein eindeutiger Hinweis ist, dass dem Autor das, was er abliefert, egal ist.
Genau den Eindruck gewinnt man bei War. Ich kann nur dringendst davon abraten, dieses Buch zu kaufen. Ich rate sogar davon ab, es illegal zu ziehen. Man kann mit seinem Festplattenspeicherplatz wirklich sinnvolleres machen.
Ein sehr ausführlicher Kommentar, schon sehr nahe an einem Review. Vielen Dank vorab!
Meine Frage ist, was sich an der Situation bessern kann und sollte, damit die Qualität wieder steigt. Bist Du der Ansicht, dass ein anderer Publisher sinniger wäre bzw. nicht dieselben Fehler wie die Vorgänger machen würde?
Ich bin der Meinung, dass selbst ein Haufen dressierter Affen ein besseres Buch hinbekämen. Ich sehe vor allem zwiswchen War! und dem tollen Berlinbuch einen Unterschied wie … wie zwischen einem offiziellen Buch und einer richtig, richtig schlechten Fanpage, wie es sie in den 90ern gab. Vielleicht. Die meisten waren besser.
Pegasus sollte das übernehmen. Oder Posthuman. Oder Ulisses. Oder meinetwegen soll Topps das selbst managen, aber es sollte
*irgendwer* der Ahnung vom Verlagsgeschäft hat das Sagen haben, nicht Hardy, Bills oder Coleman, die hier echt jämmerlichst versagt haben. Ich kann kaum in Worte fassen wie schlecht dieses Buch ist. Sorry wenn ich gerade klinge wie ein hyperventilierender Choleriker, aber es ist einfach so.
Nicht nur die Form, auch der Inhalt. Ich habe das aus dem Review rausgelassen weil es mir zu detailiert erschien, aber muss es jetzt doch mal lsowerden. Zwei der „Abenteuerideen“ sind:
– Eine Anleitung zum Zigeunerhass schüren. Nun ist es Shadowrun, aber bisher wurde Rassismus und Rassenhass noch nie so unsensibel als lustiger Run verkauft. Und kein Witz: es wird wirklich vorgeschlagen, Brunnen zu vergiften und dann ‚überall herumzuerzählen‘ dass das Zigeuner waren. Nicht nur dass das keine Söldnerarbeit ist, das ist einfach daneben.
– Ein Dungeon Crawl in Auschwitz (!) wo man sich durch Horden von Zombies der ehemaligen Insassen kämpfen muss (!!) um die magischen Naziartefakte die sie den Spielern nicht geben wollen (!!!) zu erobern, wie beispielsweise Mengeles Originalskalpell (Kein Witz!), das eine magische Waffe sein soll, und gleich werte bekommt; leider ncith die eines Waffenfokus sondern eines geringfügig besseren Vibromessers. What The Fuck!
Zusammen mit einigen seltsamen Bemerkungen zu ‚fùtbol‘ und braunen Menschen die es spielen udn dabei möglichst brutal und daneben sind, und einigen anderen Untertönen ergibt sich hier noch ein sehr, sehr schaler Unterton den ich so von Shadowrunproduktionen echt nicht kenne.
Die anderen „Hotspots“ in diesem Kapitel sind kaum besser – drei davon sind Orte an denen *kein Krieg stattfindet*! Was machen die bei globalen Söldner-Hotspots! Zwei sind klassische Runnersettings, wo Konzerne „im Geheimen einander sabotieren und verdeckte Operationen gegeneinander ausführen“. Ja, das nennt man SHADOWRUN.
Bei einem seriösen Verlag – selbst bei der BILD – wäre so etwas dem Schreiber um die Ohren geschlagen und zurückgegeben worden. Und wenn ein Buch an dem mehrere Jahre gearbeitet wurde nicht die Qualität eines Artikels in der BILD hat, dann ist das eine vernichtende Aussage über Autoren, Lektoren, und Redaktion. Da werden Fehler gemacht, die bei einem Aufsatz in der 6. Klasse nicht durchkämen, und die bei einem immerhin 18 Dollar kostenden Download einfach nicht sein dürfen. Ich habe bisher alle neuen Bücher gekauft, mit einigen war ich nicht ganz zufrieden, aber bei keinem habe ich mich um mein Geld betrogen gefühlt. Hier schon.
Ich kann nur hoffen dass CGL die Lizenz schnellstmmöglich verliert, sonst ist das das Ende von Shadowrun als Produktlinie.
Ähnliches wurde im CLG Board geschrieben. Naja mal schauen ob sich da was tun wird. Ich hoffe sehr dass Pegasus die deutsche Variante extrem überarbeitet.
Werden sie tun, laut dem was im Pegasusforum sogeschrieben wird. Es scheint, die waren von der „Qualität“ der Ware ähnlich überrascht wie die Fans.
Allerdings ist die Frage, ob das, was sie machen dürfen reicht, zumal es ihnen ja verboten ist die Regeln umzuschreiben. Und zumindest angesichts von Slow und Recharge, der PTSD- und der Mega-Damage-Regeln wäre eigentlich eine Neugestaltung das einzig machbare.
War! ist definitv nicht reif für eine Veröffentlichung. Es fand offenkundig keinerlei Lektorat statt, die Regeln wurden nie getestet oder nur durchgerechnet, und der Inhalt ist so unstimmig wie am Thema vorbei.
Witzig ist auch die Reaktion der Autoren. Zwischen einigeln und auf die Reviews schimpfen – im offiziellen Forum, wo man sich bemüht, Kritiker zum Schweigen zu bringen – kommen da auch Zurückruder-Aktionen wie die von David A. Hill, dem Autor des Runvorschlags „Work Brings Freedom“ (der Dungeon Crawl in Auschwitz, dass er mit „Opfern“ ja gar nciht die Ermordeten meinte, sondern irgendwelche Polen die viel später von den Opfergeistern gefrsessen wurden (wo die Opfergeister inzwischen hin sind erwähnt er lieber nicht).
Ein anderer Autor – der der Regeln, und damit der „deutschen“ Namen, gibt sogar mit der Tiefe seiner Recherche an. Und ist noch stolz auf diese lächerlichen bis bescheuerten Namen, wie das U-Boot Wasserträger oder den Flugzeugträger Glucke.
Wes Geistes Kind diese Leute sind, ist leider offenkundig. Dieses Buch ist eine einzige, erbärmliche Farce.